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Kurze Beiträge zu knackigen Themen

Viele Menschen, mit denen ich gesprochen habe, erzählten mir, dass sie sich längere Zeit in einer Art „Zwischenwelt“ aufgehalten haben, bevor die „Genesung“ begann. Ich nenne diese Phase auch gerne die „Glaubensblase nach der Glaubensblase“ (in Anlehnung an das absolut lesenswerte Buch von Thomas Klepsch „Überdruck in der Glaubensblase“).

Für Menschen innerhalb einer Glaubensblase ist alles vollkommen logisch und nachvollziehbar. Verschwörungstheoretiker und Glaubensgemeinschaften sind typische Beispiele: Ein Beleg für einen Irrtum kann nicht mehr akzeptiert werden. Er ist dann eben Teil der Verschwörung – oder teuflisch.

Nun glaube ich, dass wir, nachdem wir eine religiöse Glaubensblase verlassen haben, sehr anfällig für eine weitere Glaubensblase sind, in der ganz typische Glaubenssätze vorherrschen.

In dieser Zeit sind die alten Muster in unserem Gehirn noch sehr stark und sie beeinflussen unser Denken mehr, als wir vielleicht wahrnehmen.

Es ist die Zeit, in der wir eine große Veränderung bereits hinter uns haben (z.B. die Trennung von einer bestimmten Gemeinde oder einem bestimmten Gottesbild) und nun mit völlig neuen Problemen konfrontiert werden, die uns oft schlicht überfordern (siehe z.B. CB …). Für unser Gehirn ist es nun deutlich leichter, auf „bewährte“ Muster zurückzugreifen, um die neuen Probleme zu lösen.

Und so kommt es zu neuen Glaubenssätzen, die immer noch sehr viel Ähnlichkeiten mit unseren alten Mustern haben. Manchmal hilft uns hier ein Blick auf diese Muster, damit wir sie beurteilen können:

  1. Wir glauben, dass wir Gott nur richtig oder anders verstehen müssen, damit unsere Ängste weggehen (siehe auch meinen letzter Beitrag).
    Gott richtig zu verstehen war für viele von uns eines der zentralen „Bestrebungen“. Dieses Muster ist über lange Zeit gepflegt worden.
    Heute übersehen wir jedoch, dass wir religiöse Ängste nicht durch ein neues Verständnis von Gott oder Erklärungen „weg“ bekommen wie bei einem Kind, das Angst hat vor dem Nikolaus.
    Für unser Gehirn ist es überhaupt nicht relevant, ob das angst-machende Ereignis religiöser oder anderer Art ist. Unser Gehirn hat Gefahr für Leib und Leben erkannt und reagiert entsprechend. Und da wir zu Lebzeiten nie 100%ige Sicherheit bei unserem Glauben erlangen werden, bleibt das Risiko der lebensbedrohlichen Gefahr für unser Gehirn bestehen. Das, was wir daran so negativ erleben, sind die körperlichen Reaktionen und die scheinbare Ausweglosigkeit.
    Meine Ängste zu „heilen“ beginnt mit einer anderen „Form“ meines Denkens.
  2. Wir glauben, Ängste verschwinden „irgendwie“ mit der Zeit.
    Immer wieder lese ich diesen (wirklich gutgemeinten) „Trost“ in Foren: „Mit der Zeit wird es besser, bleib dran“, … Ich habe das leider nicht so erlebt – über sehr viele Jahre nicht. Und ich kenne viele, denen es ähnlich geht. Das einzige, was sich bei mir verändert hat, war, dass ich mir mehr und mehr eingeredet habe, dass sich etwas verändert. Viel später lernte ich, dass es neurologisch sogar so ist, dass jede Angst-Attacke und jedes Gedankenkarussell mein altes Denkmuster noch einmal verstärkt (über diese Forschungen hat der Neurowissenschaftler Eric Kandel im Jahr 2000 einen Nobelpreis erhalten).
    Warum wir diese Zusammenhänge häufig nicht wahrnehmen, liegt vielleicht daran, dass wir unbewusst das richtige taten, als wir unserem Bauchgefühl folgten. Wir können dann oft gar nicht erklären oder gar begründen, warum sich etwas verändert hat. Und doch haben sich die Probleme „aufgelöst“.
    Wenn man jedoch ein wenig nachhakt, ist es nicht mehr die Zeit, die die Ängste verschwinden ließ, sondern eben wieder diese andere Form des Denkens.

In meinem nächsten Beitrag geht es um weitere Glaubenssätze.

Bleib neugierig,

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